Immer wieder treffe ich auf Menschen, die ihre Gefühle zugeschüttet haben. Gefühle zuzulassen löst bei ihnen Angst, Bedrohung und Unsicherheit aus. Oftmals gilt ihr Filter vor allem den vermeintlich negativen Gefühlen wie Trauer, Wut oder Angst. Nichts wie weg von diesem undefinierbaren Zustand in der Magengegend, der Enge in der Brust…

Durch Nichtbeachtung und Verdrängung werden diese Gefühle nicht kleiner. Die mangelnden Kompetenzen im zielgerichteten Umgang mit Emotionen erhöhen die Gefahr, zu Suchtmitteln zu greifen oder mit körperlichem und/oder seelischem selbstverletzendes Verhalten (z. B. exzessive Tätigkeiten) zu reagieren und beeinträchtigen unsere physische und psychische Gesundheit sowie Beziehungen.

Mögliche Gründe, mit Gefühlen nicht zurecht zu kommen:

  • Schmerzhafte Erfahrungen, Verletzungen in der Vergangenheit.
  • Von Gefühlen überschwemmt zu werden, sich darin zu verlieren.
  • Ablehnung von («negativen Gefühlen») im Umfeld, nicht selten auch auf der Arbeit.
  • Keine Modelle und Chancen zu lernen, Emotionen zu steuern.
  • Starke Fokussierung auf Vernunft und Sachlichkeit.
  • Sich nicht mit Emotionen auseinandersetzen, sich passiv hingeben.
  • Aufgrund hoher Sensibilität einen Schutz aufbauen.
  • Überhöhtes Kontrollbedürfnis.

 

Emotionen sind sehr bedeutsam

Erfolg und Wohlbefinden sind nur marginal von Intelligenz abhängig. Emotionen sind viel bedeutsamer und lebenswichtige Antreiber, sie beeinflussen unser Verhalten und Befinden massiv. Ohne Emotion keine Motivation, Kreativität, keine Warnung vor Gefahren, eine Lust, kein Mitleid, keine Freude, kein Genuss usw.

Grundsätzlich erleben wir Situationen und erinnern uns an vergangene Ereignisse (Emotionen), die wir dann bewerten und dadurch Gefühle empfinden und dann auf Gefühle und Gedanken handelnd reagieren. Emotionen verdeutlichen uns, was wir benötigen, wie Geschehenes auf uns wirkt. Sie können aber auch anstrengend und schwierig sein, so dass wir sie verdrängen, sie uns krank machen oder unsere Leistungsfähigkeit beeinflussen.

Emotion unterscheidet sich von Stimmung. Stimmung meint eine Gesamtbefindlichkeit, länger andauernd, stabiler, nicht objektgerichtet und von geringerer Intensität, im Gegensatz zur Emotion, die zeitlich datiert, objektgerichtet und sich durch stärkere Intensität auszeichnet.

 

Emotionen sind modulierbar

Eine Metaanalyse von über 50 Studien in diesem Themenfeld hat ergeben, dass man den Umgang mit Emotionen lernen kann und wir ihnen nicht hilflos ausgeliefert sind. Diese Erkenntnis zu verinnerlichen ist bereits sehr entscheidend im Aufbau von eigenen Kompetenzen. Emotionsregulation ist, wenn man seine Gefühlsfernbedienung in den eigenen Händen hat. Dadurch wird die Selbstwirksamkeit auch gestärkt. Resilienz unterstützt zudem die Emotionsregulation.


Bewertung

Gedanken sind gestalterische Kräfte, ihr Inhalt wird in unserem Leben zur Wirklichkeit. Wenn wir uns als Dirigent unseres Lebens verstehen, sind wir es auch, die entscheiden, was wir «konsumieren», wie wir unsere Gedanken verändern. Die Auseinandersetzung mit Emotionen lohnt sich und zu verstehen wie Gedanken, Einstellungen und Überzeugungen letztendlich Bewertungen uns beeinflussen. Wahrscheinlich sind es weniger die Lebensbedingungen, die unsere Gefühle bestimmen, sondern eher, wie wir mit diesen Bedingungen umgehen.

 

Einige Tipps im Umgang mit Gefühlen

  • Gefühle wertschätzen, also keine vorschnelle Bewertung.
  • Gefühle beobachten, benennen und zuordnen (Selbstwahrnehmung stärken).
  • Über Grenzen und Ängste sprechen, Feedback bei Mitmenschen einholen.
  • Distanz durch Drittperspektive, kein zwanghaftes Fokussieren auf Details sowie ständiges Grübeln, mentale Pausen.
  • Fähigkeit entwickeln, unveränderliche Zustände zu akzeptieren und negative Gefühle wie Scham, Wut, Hilflosigkeit auszuhalten.
  • Problemlösefähigkeiten wie Unterstützung einholen, verlässliche Informationen sammeln, Wichtiges von Unwichtigem trennen.
  • Neubewertung wie z. B. „Was kann ich aus dieser Problemsituation lernen?“.
  • Empathieförderung (Perspektivenübernahme, Eingehen auf andere Person, Befindlichkeiten anderer).
  • Impulskontrolle (Aktivität unterbrechen, um über ein Problem nachzudenken).
  • Umgang mit Wut und Ärger (konstruktiver Umgang damit, positive Selbstverstärkungen, Beruhigungstechniken).