Soft Skills – Qualifikationen, die über alle Berufsgruppen hinweg wichtig sind, werden zunehmend zu wichtigen Fakten des wirtschaftlichen Erfolges von Unternehmen. Wo hilft Elternkompetenz und wie gelingt der Transfer in den Kontext der Arbeit?

Die aktuelle Studie «Elternkompetenz & Arbeit» geht diesen Fragen nach. Seit 2017 untersuchen Joachim E. Lask vom WorkFamiliy-Institut und Dr. Nina M. Junker von der Goethe-Universität Frankfurt den Zusammenhang zwischen Elternkompetenz und Arbeit.

80 Prozent der erwerbsfähigen Eltern berichten, mit den Herausforderungen in der Familie Soft Skills (weiter) zu entwickeln. Diese überfachlichen Kompetenzen gleichen denen, die auch in der Arbeitswelt benötigt werden. Gemeint sind dabei beziehungsorientierte Kompetenzen wie adressengerechte Kommunikation, Perspektivenübernahme, Konfliktlösung, aufgabenbezogene Kompetenzen wie Organisation, Prioritätensetzung, Zeitmanagement, Delegation, konsequentes Handeln sowie Arbeitsweisen wie Flexibilität, Multitasking, Effizienz, Zuverlässigkeit, Spontanität und letztendlich Selbstkompetenzen wie Belastbarkeit, Geduld, Emotionskontrolle und Selbstreflexion.

Eltern sind in der Studie zu knapp 70 Prozent der Meinung, dass ihre Elternkompetenzen sie zu besseren Mitarbeitenden machen (Spillover-Erwartung). Sie ist umso höher, je intensiver Eltern ihre (Weiter-) Entwicklung der Elternkompetenzen einschätzen. Insgesamt 76 Prozent der erwerbstätigen Eltern mit Führungsverantwortung geben an, mit ihren Elternkompetenzen auch bessere Führungskräfte zu sein. 52 Prozent der deutschen Arbeitgeber finden die Fähigkeit der Problemlösungskompetenz (auch in ganz Europa an der Spitze) wünschenswert, gefolgt von Entscheidungskompetenz, Belastbarkeit und Zielorientierung.


Elternkompetenzen im Unternehmen noch mehrheitlich unerkannt

Führungskräfte übersehen 50 Prozent der Kompetenzpotentiale von Eltern, denn nur 23 Prozent der Eltern geben an, dass ihre vorgesetzte Führungskraft Kenntnis davon hat. Interessant ist dabei noch der Einfluss der Kinderzahl (20% bei 1-3 Kindern, 34% bei vier und mehr Kinder). Die Forschung zum Transfer betrieblicher Weiterbildungen weist ähnliche Resultate (10-15 Prozent!) aus. Werden Fähigkeiten nicht erkannt und wertgeschätzt, sind Motivationsverluste im Arbeitsbereich zu erwarten, andererseits kann die Führungskraft auf mögliche Kompetenzen der Eltern nicht zugreifen, höchst wahrscheinlich führt dies zu ganz handfesten Produktionsverlusten.

 

Auf welche Bedingungen kann dieser hohe Spillover-Verlust zurückgeführt werden?

  • Die Führungskraft könnte überhaupt keinen Kompetenzgewinn erwarten, untermauert könnte diese These werden mit dem Fakt, dass 2/3 der deutschen Führungskräfte ohne Kinder im Haushalt leben und damit die Familienwirklichkeit wenig kennen und sich so schlecht in deren Situation hineinversetzen können.
  • Eltern ihre informell (weiter-) entwickelten Kompetenzen noch nicht benennen können oder bisher noch selbst keine Transferidee der Elternkompetenzen in den Arbeitsbereich haben.
  • Sorge um die kulturellen Normen des Arbeitgebers haben, wenn sie ihre Elternkompetenzen als ein Plus für den Arbeitsprozess definieren.
  • Die Kompetenzen nicht einsetzen, da sie keine zusätzliche Verantwortung im Unternehmen übernehmen wollen oder auch keinen Vorteil für sich im Unternehmen erkennen, wenn sie diese Kompetenzen zur Anwendung bringen.
  • Vielleicht fürchten Eltern sogar Nachteile, wenn sie ihre Elternrolle und die dort gemachten Erfahrungen in den Vordergrund stellen.

Immer wieder gibt es auch Eltern – vielleicht sind sie auch einfach ehrlicher als die anderen, welche den Spagat nur ungenügend meistern können. Weiterhin wird jedoch beschönigend von Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesprochen, obwohl es noch umfangreiche Entwicklungen wie beispielsweise Kompetenztrainings, Familienangebote und ebenso ein Umdenken der Wirtschaft braucht. Denn oftmals gleicht es eher ein Nebeneinander von Bereichen, die sich addieren und dies bei beschränkten Ressourcen. Die perfekte Organisation ist zwar notwendig und dienlich, aber familiäre Nähe und Zeit um an Entwicklungen Anteil zu nehmen, gilt es endlich als Bedürfnis ebenso erst zu nehmen! Wer nur Erwerbsarbeit einen Wert gibt, entwertet damit alle anderen Arbeiten.

Die neuste Studie des Uno-Kinderhilfswerks Unicef weist die Defizite ebenfalls aus, da rangiert die Schweiz bezüglich Familienfreundlichkeit – auch wegen mangelndem Elternurlaub, auf dem letzten Platz. Fairerweise muss ich allerdings festhalten, dass 10 Staaten von 41 Staaten nicht genügend Daten liefern konnten, was das Resultat sicher relativiert. Die familienfreundlichsten Regeln und Gesetze gibt es in Schweden, gefolgt von Norwegen und Island. Dass vor allem verfügbare Betreuungsangebote und Elternurlaub die Rangierungen hervorbringen, erachte ich als zu wenig ganzheitlich. Auch die Ergebnisse des Familienbarometers des Magazins Fritz und Fränzi zeigen, dass die Hälfte der Familien der Meinung ist, dass die Schweiz kein familienfreundliches Land ist und zu wenig für Familien getan wird. Fast die Hälfte glaubt zudem, dass Väter, die weniger als 80 Prozent arbeiten, von der Gesellschaft nicht ernst genommen werden. Remo Largo, bekannter Kinder- und Jugendarzt, traut den Männern allein die Veränderung nicht zu. «Die Frauen müssen sich auf den Weg machen und für familienfreundlichere Arbeitsbedingungen sorgen», meint er.