Elias Stangl hat mit einer qualitativ-empirischen Studie aufgezeigt, dass ein aktiv gelebter Glaube eine Ressource für Resilienz ist – dabei spielt das Phänomen des Vertrauens (Zuverlässigkeit, Sicherheit, Stabilität) eine wichtige Rolle. Die Bedeutung von Glauben zeigt sich nicht primär in unmittelbaren Problemlösungen, sondern eher in der Formung von Grundhaltungen. Nicht selten findet man den Glauben auch als personalen Schutzfaktor (Wustmann, 2004).
Martin Schneider und Markus Vogt schreiben sinngemäss: Glaube, Liebe und Hoffnung sind sicher resilienzfördernd, wenn sie sich als Kräfte erweisen, die Ängste relativieren, zu einer kritischen Zuversicht motivieren und die Zuwendung zu anderen Menschen forcieren. Glaube hingegen, der durch angstvoll getriebene Gewissenszwänge, utopisch-realitätsverweigernde Hoffnung oder unterwürfige, besitzergreifende Formen von Liebe geprägt ist, wirkt sich negativ auf die Resilienz aus. Ein gesunder Glaube jedoch hilft, Krisen zu relativieren, jedoch ohne sie zu verharmlosen, den Blick zu weiten aus der reinen Ich-Zentriertheit heraus. Die im Glauben gründende Gelassenheit ist keine passive Haltung, sondern ermöglicht eine nicht durch Aktivismus geprägte, sondern Durststrecken überwindende Handlungsbereitschaft. Diese Gelassenheit bewahrt auch vor dem Wahn der letztendlichen Kontrolle, dem nicht Loslassen oder eben Vertrauen können. Hoffnung, als in die Zukunft gerichtetes Vertrauen, schafft Weite und Bewegung (Malgorzata Bogaczyk-Vormayr, 2012; Milton Erikson, 2010).
Das Helle und auch das Dunkle
Resilienz ist mehr als Sicherheit und Schutz vor Verwundungen. Im Gegenteil ist es wichtig, Wunden zu kennen und zu zeigen, anstatt sie zu verstecken. Nicht nur das Helle zu teilen, sondern auch das Dunkle und die Fragen (Schirach, 2014). Martin Schneider und Markus Vogt schreiben gar von «gereifter» und «durchkreuzter» Hoffnung. Die Traumaforschung bestätigt zudem den Zusammenhang, dass Menschen nach durchlebten Krisen verstärkte Fähigkeiten zur Empathie (in der christlichen Tradition Barmherzigkeit) haben und tiefere, sinnerfülltere Beziehungen führen. Ihre Fähigkeit zu lieben hat sich erweitert, und das eigene Glück ist nicht mehr im Zentrum ihres Strebens (Knapp, 2016). Sedmak (2013) schriebt: «Durch die Liebe werden Dinge und Menschen bedeutungsvoll.»
Der aus dem Salutogenesekonzept von Antonovsky (1997) bekannte und für Resilienz wichtige Faktor Kohärenzgefühl mit den Komponenten Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit ist in der Frage bezüglich Bedeutung von Spiritualität zentral. Die Verstehbarkeit zeichnet sich dadurch aus, dass ich mein Leben, meine Welt, meine Erfolge aber auch meine Probleme und Belastungen in einem grösseren Zusammenhang sehe, Handhabbarkeit wiederum soll ausdrücken, dass ich das eigene Leben gestalten kann (Selbstwirksamkeit). Die Komponente der Bedeutsamkeit verweist auf die Sinnhaftigkeit des Lebens, des Engagements.
Gerne schliesse ich mit den Worten von Theologe und Psychotherapeut Uwe Böschenmeyer. Der Schüler von Viktor Frankl sagte: «Wann begreift die Menschheit, wie stark die menschliche Seele ist?»
Weitere spezifische Texte zum Thema Resilienz:
Resilienz in sieben Faktoren
Innere Stärke entwickeln
Resiliente Unternehmen
Hinterlasse einen Kommentar